Geschichte des Projekts
Die archäologische Forschung zur antiken Kunst und Kultur der Griechen und Römer im Mittelmeerraum hat an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften eine lange Tradition. Spätestens seit der Neustrukturierung im Jahr 1807 gehörten die Altertumswissenschaften zum Forschungskanon. Die Klassische Archäologie hatte an der Akademie zwar noch keinen Vertreter, doch bereits zu diesem Zeitpunkt wurden renommierte Altertumsforscher wie Aloys Hirt, Alexander Conze und Heinrich Schliemann zu auswärtigen Akademiemitgliedern ernannt.
1865 wurde Heinrich Brunn (1882–1894), Professor des neugeschaffenen Lehrstuhls für Klassische Archäologie an der Universität München und Verfasser des Standardwerks »Geschichte der griechischen Künstler«, als erster Fachvertreter an die Akademie berufen. Unter der Ägide seines Schülers und Nachfolgers Adolf Furtwängler (1853–1907), eines der bedeutendsten Vertreter der deutschen wie auch internationalen Archäologie, wurde die archäologische Feldforschung im Mittelmeerraum seit 1895 zu einem Arbeitsbereich der Akademie.
Ausgrabungen in Ägina
1901 fand seine sehr erfolgreiche Nachgrabung am Aphaiatempel in Ägina – dem Fundort der berühmten Ägineten (seit 1827 in der Münchner Glyptothek) – statt, die organisatorisch bei der Akademie angesiedelt war. Die Grabung erbrachte nicht nur weitere Reste der Giebelskulpturen, sondern auch zahlreiche Befunde zur Geschichte des Heiligtums. Anschließend ermöglichte eine Stiftung des rheinischen Weingutbesitzers und Politikers Emil Bassermann-Jordan die Finanzierung weiterer archäologischer Unternehmungen. Während Furtwängler die Untersuchung der antiken Hauptstadt der Insel Ägina am Kap Kolonna begann, leitete sein Mitarbeiter Heinrich Bulle (1867–1945) ab 1903 eine systematische Grabung im böotischen Orchomenos – eine bronzezeitliche Siedlung, die Aufschluss über die Urbanistik der griechischen Frühzeit gibt. Der frühe Tod Furtwänglers, der Erste Weltkrieg und der Verlust der Stiftungsmittel aufgrund der Inflation von 1923 brachte diese Projekte zunächst zum Erliegen.
Erste Kommissionsgründung
Doch bereits 1924 konnten die Grabungen in Ägina-Kolonna mit Unterstützung des Deutschen Archäologischen Instituts und der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft wiederaufgenommen werden. Um die Kontinuität des Projekts sowie die Publikation der Ergebnisse zu gewährleisten, wurde 1928 an der Akademie die Äginakommission gegründet. Vorsitzender wurde der klassische Philologe und Münchner Hochschullehrer Eduard Schwartz (1858–1940). Auch das Orchomenos-Projekt wurde ab 1929 von Emil Kunze (1901–1994), dem späteren ersten Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Athen und langjährigen Ausgräber in Olympia, fortgeführt. Der Beginn des Zweiten Weltkriegs brachte die archäologischen Grabungen erneut zum Erliegen. Erst 1964 wurde die Äginakommission unter der Leitung des Althistorikers Helmut Berve (1896–1979) wiederbelebt. Sein Nachfolger wurde 1968 Emil Kunze.
Neue Ausrichtung
Nachdem 1983 die Grabungen in Ägina, die eine Fülle von Ergebnissen zur Geschichte der antiken Handelsstadt erbracht hatten, unter neuer Trägerschaft an der Universität Salzburg weitergeführt wurden, setzte sich die ehemalige Äginakommission neue Ziele. Unter der Leitung von Paul Zanker widmet sich die nun entstandene »Kommission zur Erforschung des antiken Städtewesens« der Erforschung der antiken Urbanistik als umfassendem Phänomen. Im Zuge der Strukturreform der Akademie wurde die Kommission Ende 2015 in das Projekt »Archäologische Untersuchungen und Ausgrabungen zur antiken Urbanität« überführt.
Literatur
P. Zanker – S. Schmidt, Antike Lebenswelten am Mittelmeer, Akademie Aktuell 2, 2009, 44–46.
Kommissionsvorsitzende
1928–1937: Eduard Schwartz (1858–1940), Philologe
1938–1951: Ernst Buschor (1886–1961), Archäologe
1964–1967: Helmut Berve (1896–1979), Althistoriker
1968–1982: Emil Kunze (1901–1994), Archäologe
seit 1983: Paul Zanker (*1937), Archäologe