Pompeji in Plänen. Die Geschichte einer archäologischen Kartographie.
Mit dem Beginn der Ausgrabungen in den Vesuvstädten um die Mitte des 18. Jahrhunderts stellte sich für die Verantwortlichen in Neapel das Problem, eine angemessene Dokumentation von Funden und Befunden anzulegen. Unter anderem entstanden sofort mit den ersten Grabungen zunächst Pläne und später Karten der freigelegten Teile von Herculaneum und Pompeji. Gerade für Pompeji, dessen Erforschung seitdem kontinuierlich vorangetrieben wurde, bietet das umfassende Konvolut unterschiedlichster Pläne eine gute Möglichkeit die Entwicklung einer ‚archäologischen‘ Kartographie zu verfolgen.
Zunächst hatten wir an die Publikation eines bebilderten Katalogs der wichtigsten Pläne gedacht, doch zeigte sich bei dessen Vorbereitung, dass wir damit der Bedeutung des Komplexes nicht gerecht werden würden. ›Neufunde‹ bisher völlig übersehener Plankonvolute (Istituto Topografico Militare, Firenze) sowie die Veröffentlichung von Zeichnungen (besonders William Gell) und weiterer gedruckter Pläne dank der zunehmenden Digitalisierung von Bibliotheks- und Archivbeständen führten zu einer vertieften und oft überraschenden Sicht auf die Bedingungen, unter denen die Pläne entstanden.
Damit konnten auch die Aussagemöglichkeiten des einzelnen Planes besser definiert und in einem weiteren Kontext anderer Pläne verstanden werden: Ob die Kartographen als Architekten oder als Geodäten ausgebildet waren, ob es um architekturhistorische oder administrative Aussagen ging, ob bestimmte Funktionen von Gebäuden oder einzelne Viertel kartiert und markiert wurden, ob das alles durch die Administration oder durch private Verleger publiziert wurde – all das nahm selbstverständlich Einfluss auf Aussehen und Gestaltung der Pläne.
Gleichzeitig wurden auch mit Vogelschauen und (teilweise rekonstruierenden) Perspektiven sowie vor allem mit dem großen Stadtmodell aus Kork weitere dreidimensionale Dokumentationsformen erprobt.
Pompeji erweist sich damit als beispielhaft für die Entwicklung eines grundlegenderen Instrumentariums archäologischer Dokumentation während der frühen Geschichte unseres Fachs.
Literatur
V. Kockel, Archäologie und Politik. Francesco Piranesi und seine drei Pompeji-Pläne, Rivista di Studi Pompeiani 11, 2000, 33–46 (zum Volltext).
V. Kockel, Un capitolo dimenticato della cartografia di Pompei. Gaspare Marchesi e il Reale Officio Topografico di Napoli. Rivista di Studi Pompeiani 16, 2005, 11–36 (zum Volltext).
V. Kockel, Pompei 360°. I due Panorami di Carl Georg Enslen del 1826 – Pompeji 360°. Die beiden Panoramen Carl Georg Enslens aus dem Jahr 1826 (Mailand 2006).
V. Kockel, Pompeji vermessen - Plan, Modell, Panorama und andere Techniken zur Visualisierung der Ausgrabungen im 18. und frühen 19. Jahrhundert, in: C. Reinsberg – F. Meynersen, Jenseits von Pompeji. Faszination und Rezeption (Darmstadt 2012) 54–65.
V. Kockel, I modelli di Pompei dal settecento al "grande plastico". La documentazione tridimensionale delle antiche rovine, in: M. Osanna – M. T. Caracciolo – L. Gallo (Hrsg.), Pompei e l’Europa 1748–1943. Ausstellungskatalog Pompeji (Mailand 2015) 267–275.
V. Kockel – K. Rieger, Appunti per una storia della cartografia di Pompei: i primi cent’anni, in: R. Morichi – R. Paone – F. Sampaolo (Hrsg.), Pompei. Nuova Cartografia Informatizzata Georiferita (Rom 2017) 59–101.
Weitere Informationen
Projektleitung
Prof Dr. Valentin Kockel
Klassische Archäologie
Universität Augsburg
86135 Augsburg
E-Mail
Gemeinsam mit Dr. Katharina Rieger
Förderung
Dieses Projekt wird gefördert von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.